Öffentlicher Personennahverkehr: Sechs Anregungen für den öffentlichen Nahverkehr

Überlastete Straßen bedeuten einen höheren Zeitverlust für Pendler, mehr Umweltverschmutzung und geringere Produktivität: Sie sind ein tägliches Ärgernis für die Verkehrsteilnehmer und bremsen das Wirtschaftswachstum. Ein Bericht des Economist Intelligence Unit zeigt Möglichkeiten auf, wie sich der Verkehrsfluss beschleunigen lässt.

Als staureichste Stadt der Welt macht Mexiko-Stadt seinen Bewohnern das Leben besonders schwer, denn wegen des dichten Verkehrs dauert es durchschnittlich 59% länger, sein Ziel zu erreichen, als bei fließendem Verkehr. In Bangkok sieht es nicht viel besser aus, dort muss man 57% mehr Zeit einplanen. Auch europäische Städte sind da keine Ausnahme: In London, Marseille und Rom ist man 38% länger unterwegs als nötig.

Was können die Verantwortlichen zur Entlastung der Straßen tun?

Dieser Frage widmet sich der der mit Unterstützung von Siemens UK erstellte Bericht „The Urban Transit Evolution“ der Economist Intelligence Unit. Darin geht es um die Entwicklung nachhaltiger Lösungen für städtische Mobilitätsprobleme – heute und morgen. Die Vorschläge und erfolgreichen Anwendungsbeispiele kommen von Experten aus aller Welt.

Nachhaltigkeit und Lebensqualität

Hauptziel der Transportprojekte und ordnungspolitischen Maßnahmen ist die Gesundheitsförderung: durch weniger Luftverschmutzung und stärkere Anreize zum Radfahren und Laufen. Auch geht es um eine gerechtere Gestaltung des Mobilitätsnetzes für Menschen ohne Auto. „Wir möchten eine Stadt schaffen, die für alle Mitbürger offen ist, ungeachtet ihrer finanziellen Situation“, sagt Célia Blauel, Umwelt-Bürgermeisterin von Paris.

Innovative Projekte statt Großinvestitionen

Da für Infrastrukturprojekte meist nur begrenzte Mittel verfügbar sind, setzen die Städte immer stärker auf ordnungspolitische Maßnahmen, denn diese sind meist günstiger in der Umsetzung und zeigen bereits kurzfristig Wirkung. Ein gutes Beispiel ist die City-Maut. Vorreiter war hier Singapur, das 1975 als erste Großstadt ein Mautsystem eingeführt hat. Ergebnis: Das Verkehrsvolumen sank praktisch sofort um 44%.

Innovative Finanzierung

„Vieles wird nicht gebaut, weil den Regierungen das Geld dazu fehlt“, erklärt Isabel Dedring, Global Transport Leader beim Beratungs- und Planungsbüro Arup. Ein oft genutztes Finanzierungsmodell sind öffentlich-private Partnerschaften, so genannte PPPs. Doch aufgrund schlechter Erfahrungen mit PPPs schauen sich die Verantwortlichen nach neuen Möglichkeiten um. So trugen die Projektentwickler für die „Battersea Power Station“ in London einen Teil der Kosten für die Verlängerung der Bahnstrecke – unter der Bedingung, dass die aus dem Projekt erzielten zusätzlichen Gewerbegrundsteuern in die Finanzierung des Projektes gehen.

Wir möchten eine Stadt schaffen, die für alle Mitbürger offen ist, ungeachtet ihrer finanziellen Situation.
Célia Blauel, stellvertretende Bürgermeisterin von Paris für Umweltfragen und Nachhaltigkeit

Pilotprojekte bringen Erkenntnisse zu neuen Technologien

In rascher Folge bieten sich neue technische Möglichkeiten. Doch wie genau werden sich diese auswirken? Mit Pilotprojekten lässt sich das herausfinden. So arbeitet die Verwaltung von Pittsburgh, Pennsylvania, zusammen mit Uber an der Einführung selbstfahrender Taxis. Auch Deregulierung wird eingesetzt, um Innovationen im Transportsektor zu beschleunigen, z.B. indem Betreiber dazu verpflichtet werden, ihre Programmierschnittstellen (APIs) zu öffnen, damit private Anbieter auf den dann verfügbaren Daten neue Apps und Dienstleistungen aufbauen können.

Transportleistungen auf Abruf

Oft ist es schlicht die Entfernung bis zur nächsten Haltestelle, die Menschen daran hindert, den ÖPNV zu nutzen. Dienstleister wie Uber oder Lyft könnten helfen, diese Lücke zu schließen. Daher gibt es mancherorts öffentliche Zuschüsse für solche privaten Transportleistungen zu und von ÖPNV-Haltestellen, zum Beispiel im Rahmen des Projektes „Mobility on Demand“ (MOD) der Federal Transit Administration in den USA.

Aktive Unterstützung der Betroffenen einwerben

Ein Verkehrsprojekt funktioniert nur, wenn alle Beteiligten eng zusammenarbeiten. Vielleicht noch wichtiger ist es jedoch, die aktive Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen. Das hat sich z.B. in Los Angeles ausgezahlt, wo die Wähler der Erhöhung der lokalen Umsatzsteuer um einen halben Cent zur Finanzierung eines neuen Schienenprojektes zustimmten. Und Transport for Greater Manchester hat Bürger, Wissenschaftler und Branchenexperten eingeladen, an der Strategie für 2040 mitzuarbeiten.

 

Politische Entscheidungsträger und verantwortliche Behörden können aus „The Urban Transit Evolution“ Anregungen für die Entwicklung effektiver Strategien zur Minderung von Verkehrsbelastungen gewinnen und damit für mehr Nachhaltigkeit und städtische Lebensqualität sorgen, die allen zugutekommen.

12.05.2017

Picture credits: Siemens AG

 

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