Die Antwort liegt auf der digitalen Schiene

Die Bevölkerung in den Städten wächst. Allein in der Hansestadt könnten laut einer Prognose des Statistischen Amts für Hamburg und Schleswig-Holstein im Jahr 2040 mehr als zwei Millionen Einwohner leben. Kann der öffentliche Nahverkehr das stemmen? Ja, sagt Siemens Mobility. Das Pilotprojekt „Digitale S-Bahn Hamburg“ zeigt, wie. Es ist eine Blaupause für den Bahnbetrieb im Nah- und Fernverkehr der Zukunft, für die „Digitale Schiene Deutschland“ – nicht nur in Sachen Technologie.


Die zentralen Fragen der Verkehrsplaner lauten heute: Wie können wir noch mehr Menschen und Güter in der gleichen Zeit transportieren? Und das möglichst effizient und umweltschonend? Die Antwort liegt auf der Schiene, ist man sich bei Siemens Mobility sicher. Der Ausbau des Schienennetzes ist vielerorts notwendig, aber auch zeit- und kostenintensiv und an manchen Stellen schlicht nicht möglich. So könnte es besser heißen: „Die Antwort liegt auf der digitalen Schiene.“

Neue Initiative: „Digitale Schiene Deutschland“

Wie etwa Dänemark und Norwegen, hat sich auch Deutschland zu einer Digitalisierung der Schiene verpflichtet. Ende September 2019 vereinbarten die Deutsche Bahn (DB) und der Verband der Bahnindustrie in Deutschland e.V. eine enge Zusammenarbeit für den Rollout digitaler Technologien auf Deutschlands Schienen und gründeten die sektorweite Initiative „Digitale Schiene Deutschland“ (DSD). Ihr Ziel ist die Umstellung der deutschen Bahnen von konventioneller Signaltechnik auf funkgesteuerten Bahnbetrieb und damit der weitere Ausbau des europäischen Zugleitsystems ETCS sowie der digitalen Stellwerkstechnologie (DSTW). Die Digitalisierung sei neben dem weiteren Ausbau des Netzes und der Anwendung innovativer Technologien der wichtigste Hebel, um das System Eisenbahn leistungsfähiger und zukunftsfest zu machen. Was das genau bedeutet und wie die Digitalisierung von Schiene und Fahrzeugen funktionieren kann, zeigt Siemens Mobility in einem Projekt für das traditionsreichste öffentliche Verkehrsmittel Hamburgs: die S-Bahn. Schon heute steigen täglich 750.000 Fahrgäste an den 68 Hamburger S-Bahn-Stationen ein und aus. (Mehr zur DSD-Initiative erfahren Sie im Infokasten.)

Der Schlüssel: hochautomatisierter Bahnbetrieb

Schon im Juli 2018 ist die Hansestadt eine zukunftsweisende Partnerschaft mit der S-Bahn Hamburg GmbH, einer Tochter der DB, und Siemens Mobility eingegangen. Die drei Partner arbeiten an dem Pilotprojekt „Digitale S-Bahn Hamburg“. Dabei geht es darum, den hochautomatisierten S-Bahnbetrieb auf einem 23 Kilometer langen Streckenabschnitt zu entwickeln und zu testen; erst einmal mit vier Fahrzeugen. Der Abschnitt liegt zwischen den Stationen Berliner Tor und Bergedorf/Aumühle auf der S-Bahn-Linie 21. Das Projekt ist Teil der DSD-Initiative.

 

Ronald Pofalla, Vorstand Infrastruktur der Deutschen Bahn, sagte bei Gründung der Kooperation: „In Hamburg starten wir die Digitalisierung des Betriebes in einem unserer wichtigen S-Bahn-Netze in Deutschland. Das ist ein Meilenstein in unserem Zukunftsprogramm ‚Digitale Schiene Deutschland‘. Denn wir leiten den größten technologischen Wandel seit Jahren ein.“ Auch für Siemens Mobility ist der hochautomatisierte Bahnbetrieb der Schlüssel, um das erhöhte Verkehrsaufkommen der Zukunft zu bewältigen.

Für dichtere Zugfolgen: ATO over ETCS

Hochautomatisiert heißt: Bei allen Fahrten in dem Streckenabschnitt ist weiterhin ein Triebfahrzeugführer an Bord. Eingreifen muss dieser künftig aber nur noch dann, wenn Störungen oder Unregelmäßigkeiten auftreten. Technische Basis dafür ist der künftige europäische Standard „ATO over ETCS“: ATO (Automatic Train Operation) über das funkbasierte europäische Zugsicherungssystem ETCS Level 2 (European Train Control System). Die Steuerung der vier Fahrzeuge erfolgt per Funksignal. Daten werden zwischen Zug und Streckenzentrale übermittelt. Nach dem Thameslink-Projekt in London liefert Siemens Mobility jetzt die für Schiene und Fahrzeuge notwendige Technologie für die S-Bahn Hamburg – und dies gemäß aktueller europäischer Standards und als Pilotprojekt für den hochautomatisierten Bahnbetrieb im Nah- und Fernverkehr bei der Deutschen Bahn.

Einer der Hauptvorteile von ATO over ETCS (s. Infokasten) ist die erhöhte Leistungsfähigkeit des Schienennetzes durch dichtere Zugfolgen. –Informationen zur aktuellen Verkehrslage werden kontinuierlich an die Fahrzeuge per Funk übertragen. Daran angepasst, kann ein Zug mit einem optimalen Geschwindigkeitsprofil gleichmäßiger und mit weniger Bremsvorgängen fahren. Das Ergebnis: pünktlichere Züge, ein stabilerer Fahrplan und höherer Reisekomfort. Die neue Technologie kann auch die Ein- und Aussteigezeiten optimieren und dadurch die Haltezeiten verkürzen. Gleichzeitig sollen sich auch noch der Energieverbrauch und die mechanische Beanspruchung der Fahrzeuge, also die operativen Kosten für den Kunden verringern. 

Eine außergewöhnliche Partnerschaft: Entwicklungskooperation mit der Deutschen Bahn


Doch das ist noch nicht alles: Zukunftsweisend ist nicht nur die Technologie, sondern auch die gute partnerschaftliche Zusammenarbeit innerhalb des Projektteams. „Eine so offene und vertrauensvolle Atmosphäre habe ich in meiner langjährigen Laufbahn noch nicht erlebt“, erzählt ein Mitarbeiter beim Besuch im Projektbüro. „Manchmal vergessen wir im Arbeitsalltag, wer eigentlich zu welchem Unternehmen gehört.“

Dies ist möglich, weil das Projekt von Anfang an gemeinschaftlich als Entwicklungskooperation zwischen der Deutschen Bahn AG, der S-Bahn Hamburg GmbH und Siemens Mobility aufgesetzt wurde – mit einem eigens dafür eingerichteten Projektbüro am Potsdamer Platz in Berlin. Das Projektteam arbeitet unternehmensübergreifend und gemeinsam an der Realisierung des automatisierten Bahnbetriebs für die S-Bahn Hamburg. Es kann Problemstellungen so wesentlich schneller lösen und Entscheidungen rascher fällen. In einer von starkem Wandel geprägten Branche und Zeit kann diese Art der Zusammenarbeit, in der Unternehmensgrenzen verschwimmen, über den Erfolg eines Projektes und damit der beteiligten Partnerunternehmen entscheiden. 

Und wie geht es weiter?

Im Oktober 2021, wenn Hamburg den ITS- Weltkongress für intelligente Verkehrssysteme ausrichtet, werden die ersten hochautomatisierten Fahrzeuge den regulären Fahrgastbetrieb aufnehmen. Neben dem hochautomatisierten Fahren werden auch die Rangierfahrten –- ohne Fahrgäste – aus und in den Bahnhof Bergedorf vollautomatisch betrieben werden. Das heißt über 1.000 Meter wird ein Zug dann ganz ohne Personal fahren. Und schon jetzt wird an den Plänen gearbeitet, die Technik über die Pilotstrecke hinaus im Hamburger S-Bahnnetz einzusetzen.

Für Siemens Mobility ist das die Vision der Zukunft. Dank intelligenter Lösungen rückt sie langsam in greifbare Nähe. So dient Hamburgs S-Bahn nicht nur als Vorzeigebeispiel, sondern auch als Blaupause für den Personen- und Güterverkehr der Zukunft und ist ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zur Digitalisierung des deutschen Schienensystems.

Die Deutsche Bahn (DB) will im Verbund mit dem Bahnsektor in Deutschland die Digitalisierung des Schienennetzes und des Bahnbetriebs vorantreiben. Einen wichtigen Beitrag dazu soll die neue Gesellschaft Digitale Schiene Deutschland GmbH leisten, die ab Januar 2020 die ersten Projekte zur Digitalisierung koordinieren und Zukunftstechnologien bündeln wird. Die neue Organisation wurde am 23. September 2019 in Berlin auf dem „Forum Digitale Schiene Deutschland 2019“ rund 190 Branchenvertretern vorgestellt. Die DB und der Verband der Bahnindustrie in Deutschland e.V. (VDB) vereinbarten zudem eine enge Zusammenarbeit, um die Digitalisierung voranzutreiben.

 

Das Schienennetz soll in den kommenden Jahren mit dem europäischen Zugleitsystem ETCS und digitaler Stellwerkstechnologie ausgerüstet werden. Die neuen Technologien versprechen bis zu 30 Prozent mehr Kapazitäten im Netz, höhere Qualität und Pünktlichkeit, weniger Kosten in Instandhaltung und Betrieb durch die moderne, einheitliche Anlagenarchitektur, europäische Interoperabilität der Systeme sowie eine verbesserte Energieeffizienz.

 

Das Starterpaket ab 2020 umfasst drei Vorhaben:

  • die ETCS-Durchfahrbarkeit des transeuropäischen Korridors Skandinavien - Mittelmeer
  • die Schnellfahrstrecke Köln - Rhein/Main
  • und das Metropolenprojekt S-Bahn Stuttgart.

 

Diese Maßnahmen erfordern laut einer Machbarkeitsstudie des Bundes bis 2030 Investitionen im Umfang von rund 4,7 Milliarden Euro. Bis 2023 sind zunächst 570 Millionen Euro für die drei Startvorhaben geplant.

 

Mehr Informationen zur Digitalen Schiene Deutschland finden Sie hier:

 

Das von Siemens Mobility entwickelte System für Automatic Train Operation (ATO) arbeitet eng mit dem Europäischen Zugsicherungssystem ETCS zusammen. ETCS sorgt dabei für die sichere Einhaltung von Zugabständen und die Überwachung der zulässigen Geschwindigkeiten. ATO steuert das Traktionssystem und die Bremsen des Zuges. Auf diese Weise können Bahnbetreiber das Starten, Beschleunigen, Fahren, Ausrollen, Bremsen und Stoppen automatisieren.

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