Die Weichen für die Zukunft
Was hat sichere Bahnautomatisierung von heute mit der Technik von gestern zu tun? Wie kann Produkthardware durch digitale Add-ons aufgewertet werden? Und wie kann damit auch noch ein Kundennutzen erzeugt werden? Der Bereich von Siemens Mobility, in dem Thomas Prinz arbeitet, beschäftigt sich täglich mit all diesen Fragen. Im Interview erklärt der 42-Jährige, wie die Arbeit seiner Großmutter in einem Stellwerk seine Berufswahl beeinflusst hat, was sich seit damals geändert hat und welche Rolle Daten heute spielen.
Einer der Berliner Standorte von Siemens Mobility befindet sich inmitten einer unaufgeregten Wohngegend im Osten der Stadt – der Charme der Hauptstadt ist dennoch allgegenwärtig. Thomas Prinz verbringt seine Mittagspause oft in einem kleinen Café direkt gegenüber dem Werktor. Während er an seinem Kaffee nippt, erklärt er, was so alles hinter den Werktoren passiert. Am Standort arbeiten ca. 900 Menschen: Entwickler, Ingenieure und Produktmanager, aber auch Kollegen in der Fertigung. Viele Dinge, die für einen sicheren Bahnbetrieb wichtig sind, werden hier gefertigt: Signale, Weichen, Bahnübergänge und noch einiges mehr.
Auch Thomas Prinz arbeitet hier. Was sich zunächst wie ein langweiliger Bürojob anhört, ist in Wirklichkeit ein echtes Zukunftsthema. Thomas ist im Bereich Produktmanagement tätig. Gemeinsam mit anderen Produkt- und Projektmanagern arbeitet er daran, Produkte so zu gestalten, dass diese einen Mehrwert für den Kunden bringen – zum Beispiel dadurch, dass die reine Produkthardware durch digitale Add-ons ergänzt wird, die den Betriebsablauf beim Kunden oder die Sicherheit verbessern.
Von schweren Hebeln zu digitalen Verknüpfungen
„Eigentlich war es fast vorauszusehen, dass ich mal im Bereich der Bahnautomatisierung arbeiten werde“, sagt Thomas Prinz. „Ich habe sehr viele Kindheitserinnerungen an das Stellwerk, in dem meine Oma gearbeitet hat. Das Stellwerk lag am Ende des Dorfes Thießen in der Nähe von Dessau in Ostdeutschland und war ungefähr 50 Meter von unserer Wohnung entfernt. Der Stellwerksraum war damals schon mit Technik vollgestopft – es gab haufenweise Kurbeln und Hebel. Dass der Bahnbetrieb funktionierte, hatte ganz viel mit Handarbeit zu tun. Sollten sich zum Beispiel die Schranken – die damals noch aus Holz waren – öffnen, musste meine Oma eben kurbeln. Auch die Weichen wurden per Hand gestellt.“
Viel hat sich seitdem geändert. Einige Prinzipien der Betriebssicherung sind bis heute jedoch gleich geblieben – mit dem Unterschied, dass dort, wo Thomas’ Oma früher noch einen Hebel betätigen musste, um etwa einen Gleisabschnitt freizugeben, heute alles automatisiert abläuft. Erst wurden die Hebel durch Knöpfe ersetzt, heute funktioniert fast alles digital – das heißt, Sensoren an der Strecke kommunizieren mit den Produkten. „Wir befinden uns mitten in einem allumfassenden Transformationsprozess“, erklärt der 42-Jährige und bringt auch gleich ein konkretes Beispiel: „Unsere Produkte für die Bahnautomatisierung sind schon lange nicht mehr reine Hardware – sie produzieren ständig Daten. Um diese auch verwerten zu können, gibt es sogenannte digitale Add-ons, die die Daten nicht nur sichtbar, sondern auch nutzbar machen.“ Thomas geht sogar noch einen Schritt weiter: „Schon heute gibt es Anwendungsfälle, wo die herkömmlichen Produkte komplett durch neue Technologien bzw. Digitalisierung ersetzt werden. Zum Beispiel sind auf der Schnellfahrstrecke zwischen Berlin und München zum Teil gar keine Signale mehr vorhanden. Ich denke, irgendwie so wird auch die Zukunft aussehen.“
Das Stellwerk in Thiessen – eine Reise in Bildern
Digitalisierung macht Infrastruktur intelligent
Die Parallelen zu seinem heutigen Aufgabengebiet sieht Thomas Prinz deutlich:
„Damals wie heute geht es darum, die Infrastruktur intelligenter zu machen. Denn das macht den Schienenverkehr in Summe sicherer, effizienter und im Endeffekt auch komfortabler für Fahrgäste. Damals zum Beispiel dauerte es ewig, bis sich die Schranke geschlossen oder geöffnet hatte. Das geht heute natürlich viel schneller. Im Umkehrschluss heißt das, dass mehr Züge fahren können.“
Seinen Job beschreibt Thomas so: „Ich arbeite konkret daran, den gesamten Produktlebenszyklus übersichtlich darzustellen. Das fängt bei der Nachfrage an und hört bei der Auslieferung auf. Zum Beispiel: Wie viele Produkte haben wir an welchen Kunden wohin verkauft? Das scheint erst mal eine banale Frage zu sein, aber für uns und auch für unsere Kunden, die Produkte für die Bahnautomatisierung kaufen, ist das wichtig. Und für uns ist es wichtig, mit unseren Produkten für die Bahnautomatisierung nah dran zu sein. Nah am Markt, nah am Kunden und nah an der Zukunft. Konkret bedeutet Nähe für uns: zuhören und verstehen, analysieren und entwickeln. Vor allem aber muss man die aktuellen Trends kennen, ohne dabei die Verwurzelung im Markt zu verlieren. So schaffen wir es, unsere Produkte kontinuierlich mit unseren Kunden für unsere Kunden besser zu machen.“ Die Erklärung, wie das in der Praxis aussieht, liefert Thomas auch gleich mit: „All unsere Produkte erzeugen riesige Datenmengen. Mit unseren digitalen Add-ons – das sind in den meisten Fällen Apps, die auf dem Smartphone oder dem Tablet laufen – schaffen wir echten Mehrwert für unsere Kunden, da diese zum Beispiel ihre Wartungsarbeiten besser planen können und Aufschluss über die Auslastung einer Strecke oder mögliche Funktionsprobleme erhalten. Das Ganze übersichtlich auf einem Dashboard dargestellt, ohne dass jemand an der Strecke sein muss. Mit den Informationen, welcher Kunde welche Funktion für welches Produkt oder welche Strecke nachfragt, können wir wiederum unser digitales Angebot für den Kunden verbessern.“
So zeigt die Arbeit von Thomas Prinz unter anderem, welche Chancen die Digitalisierung beinhaltet. Auf lange Sicht ermöglicht sie eine bedarfsorientierte Wertschöpfungskette, von der alle profitieren: Kunden bringen mithilfe der digitalen Add-ons für Produkte der Bahnautomatisierung ihr Geschäft voran und die Kolleginnen und Kollegen von Thomas sind so viel besser in der Lage, auf neue Anforderungen oder Probleme bei den Produkten im Betrieb oder bei der Produkteinführung zu reagieren – um so die Themen gemeinsam mit den Kunden in den Griff zu bekommen.
Mit Zuversicht in die Zukunft
Thomas ist fasziniert von Daten und deren Analyse, das merkt man gleich. „Das ist es, worum es heute geht. Alles hängt irgendwie miteinander zusammen, alles ist vernetzt – das betrifft auch die Mobilität. Wir bei Siemens Mobility arbeiten in den verschiedenen Bereichen noch enger zusammen als früher. Das Zusammenspiel unterschiedlicher Kompetenzen und Bereiche ermöglicht es uns, gemeinsam die Mobilität von morgen zu gestalten, den globalen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel zu begegnen und schlussendlich auf die Bedürfnisse der Eisenbahnindustrie zu reagieren.“
Es wird deutlich, dass sich in den nächsten Jahren in der Mobilitätswelt noch einiges ändern wird. Angst hat Thomas vor diesen Veränderungen aber nicht. Ganz im Gegenteil: „Im Grunde war es ja schon immer so, dass sich die Arbeitswelt öfter verändert hat. Das war auch schon zu Zeiten meiner Großmutter so. Jetzt ändern sich Dinge vielleicht schneller und umfassender als damals. Aber ich bin überzeugt davon, dass Veränderung unsere Welt weiterbringt. Damals war es die Schranke, die sich auf Knopfdruck geöffnet hat, und morgen ist es vielleicht eine App, die die Lebensdauer unserer Produkte anhand verschiedener Parameter auf die Minute genau berechnet. Vielleicht ist es auch irgendetwas, was wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. So oder so: Ich freue mich darauf.“
18-02-2020
Bilder: Tobi Bohn – Fotograf, Berlin und Thomas Prinz – Siemens Mobility GmbH
Siemens Produkte für die Bahnautomatisierung bieten mehr als nur Funktionalität
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