Der Mireo Plus für den emissionsfreien Regionalverkehr in Europa
Die Eisenbahn gilt als das umweltfreundlichste Verkehrsmittel, weil die Züge über elektrische Antriebe verfügen, die ihre Energie über die Oberleitung oder Stromschienen beziehen. Die Elektrifizierung von Nebenstrecken ist meist nicht wirtschaftlich sinnvoll oder aus anderen Gründen nicht praktikabel. Siemens Mobility hat deshalb die neue Regionalzug-Plattform Mireo Plus entwickelt, mit der die Betreiber ihren Betrieb effizient und wirtschaftlich ohne lokale CO2-Emissionen abwickeln können.
In Deutschland ist nur etwa die Hälfte der Strecken elektrifiziert. Siemens leistete beim Bau elektrisch angetriebener Züge seit jeher Pionierarbeit. Über 140 Jahre Erfahrung bilden die Basis für den Mireo Plus, der sich durch Flexibilität, hohe Reichweiten und Energieeffizienz auszeichnet.
Die Grundidee des Mireo Plus besteht aus einer Konstruktion mit einem modularen und skalierbaren Antriebssystem, das Brennstoffzellen und Batterien integriert, um den gesamten Regional- und Nahverkehr abzudecken. Durch den Einsatz von Leichtbauweise, energieeffizienten Komponenten und intelligentem Energiemanagement verbraucht der Mireo Plus bis zu 25 Prozent weniger Energie als konventionelle Mireo-Äquivalente. Das flexible Fahrzeugkonzept ermöglicht sowohl einen rein wasserstoffbetriebenen Triebzug für längere, nicht elektrifizierte Strecken als auch einen batterieelektrischen Zug für nur teilweise elektrifizierte Strecken, aber auch jede beliebige Kombination dazwischen. Voraussetzung für den emissionsfreien Verkehr ist natürlich die Bereitstellung von Elektrizität oder Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, fährt der Mireo Plus vollkommen emissionsfrei.
Um dies zu erreichen, hat Siemens Mobility eine völlig neue Systemarchitektur mit Brennstoffzellen der neuesten Generation und Hochleistungsbatterien entwickelt, die einen geringeren Energieverbrauch, hohe Antriebsleistung und damit kürzere Fahrzeiten als Diesel-Äquivalente gewährleisten. Das macht den Mireo Plus zu einem idealen Fahrzeug für regionale und lokale Bahnbetreiber.
Der Hybridtriebzug Mireo Plus B bezieht seine Energie aus der Oberleitung. Auf nicht elektrifizierten Streckenabschnitten sorgen zuvor unter der Oberleitung aufgeladene Unterflur- oder Dachbatterien für die Energieversorgung.
Eine zweiteilige Einheit hat eine Reichweite von bis zu 80 km, eine dreiteilige Einheit erlaubt 120 km – was in vielen Fällen ausreicht, um die Lücke zwischen elektrifizierten Abschnitten zu überbrücken. Das Hochleistungsbatteriesystem, das innovative Zusatzsysteme wie Batteriekühlung und Siliziumkarbidwandler umfasst, wurde auf einem Großversuchsstand an der RWTH Aachen getestet. Mit einem Cityjet eco erfolgte in Österreich der Testbetrieb auf einer Strecke, um das System zu validieren.
Für lange Strecken ohne Oberleitung wurde der Wasserstoffzug Mireo Plus H entwickelt, der sowohl über ein Brennstoffzellensystem als auch eine Batterie verfügt. In diesem Zug fungiert die Batterie als Energiepuffer, um hohe dynamische Belastungen wie das Beschleunigen im Bahnhof auszugleichen und die Bremsenergie zurückzugewinnen. Ein zweiteiliger Zug hat eine Reichweite von bis zu 800 km, ein dreiteiliger Zug erreicht bis zu 1.000 km. Das reicht aus, um die längsten Regionalstrecken in Europa abzudecken.
Für den Antrieb des Mireo Plus H werden zwei Niedertemperatur-Brennstoffzellen verwendet, die in Partnerschaft mit Ballard Power Systems aus Vancouver, Kanada, entwickelt wurden. Diese wurden speziell für Bahnanwendungen entwickelt und bieten die doppelte Leistungsdichte und bis zu vierfache Lebensdauer im Vergleich zu Brennstoffzellensystemen, die für die Automobilindustrie oder Busse ausgelegt sind.
Da Wasserstoff eine geringere Leistungsdichte als Diesel hat, hat Siemens Mobility spezielle Druckbehälter entwickelt, die das Lichtraumprofil des Zuges optimal ausnutzen. Sie sind vollständig umhüllt und bestehen aus Kohlefaser mit nichtmetallischen Innenbeschichtungen. Sie bieten eine hohe Steifigkeit und ein geringes Eigengewicht, was wiederum einen höheren Betriebsdruck als vergleichbare Stahlbehälter ermöglicht.
Die Betankung dauert nicht länger als bei einem Dieselfahrzeug mit vergleichbarer Reichweite. Während der Betankung werden Parameter wie Temperatur und Druck jedes Tanks kontinuierlich überwacht und an die Tankstelle übermittelt, um die benötigte Wasserstoffmenge festzustellen. Das Brennstoffzellensystem wurde ebenfalls auf dem Großversuchsstand der RWTH Aachen getestet.
In den letzten zwei Jahrzehnten haben Zugbetreiber Fahrerassistenzsysteme zur Optimierung des Energieverbrauchs eingesetzt. Siemens Mobility zählt auch hier zu den Pionieren und hat entsprechende Systeme zum Beispiel in Großbritannien im Einsatz. Der Mireo Plus geht noch einen Schritt weiter. Die Positionserkennung macht vorausschauendes Fahren möglich, weil der Zug Leistungsanforderungen wie höhere Beschleunigung und auch die voraussichtliche Rückspeisung von Energie beim Bremsen erkennt. Diese Steuerung umfasst auch Einrichtungen wie die Raumluftüberwachung, um den Energieverbrauch aller Systeme des Zuges zu optimieren. Die nächste Generation des Fahrerassistenzsystems gibt dem Triebfahrzeugführer auf der Grundlage von Algorithmen Empfehlungen zum optimalen vorausschauenden Fahren. Alle diese Neuerungen zusammengenommen führen dazu, dass ein Brennstoffzellenzug besonders energieeffizient ist.
Bei den strengen Zielvorgaben für die Dekarbonisierung des Verkehrs ist der Mireo Plus ein vielseitiger Zug für regionale und lokale Bahnbetreiber, der völlig emissionsfrei ist. Mit dieser Innovation ist überall auf der Schiene E-Mobilität möglich – entweder batterieelektrisch oder auf der Basis von Brennstoffzellen, wobei Siemens Partner bei der Wasserstoff-Lieferkette sein kann.